„Sternschnuppenstunden“ (R.McIntyre)


Kinder/Teenager können zuweilen grausam sein! Ich kann heute noch einige von den Menschen definitiv nicht leiden für das, was sie früher so verzapft haben. Allerdings weiß ich jetzt, dass es die üblichen Pubertätsscherereien waren, mit denen wir da untereinander zu kämpfen hatten. Wenn die Synapsen spinnen, lebt man einfach in einer ganz eigenen, zumeist etwas verqueren Welt, davon kann ich mich selbst, oder eher mein früheres Ich, wohl kaum ausnehmen. Wobei die Synapsen mancher Menschen sich auch heute noch nicht wieder richtig zusammengefügt haben, aber das ist eine andere Geschichte 😀 .
Wäre es mir allerdings wie Lara, der Protagonistin aus „Sternschnuppenstunden„, ergangen, dann könnte ich heute vielleicht nicht mit einem Schmunzeln auf meine Schulzeit zurückblicken.

Bücher (wie Menschen) sollten wir nach ihrem Inneren beurteilen, denn schade wäre es doch, eine tolle Geschichte (oder einen tollen Menschen) einfach zu „verpassen“, weil wir uns von seinem Äußeren haben täuschen lassen. So wie es umgekehrt natürlich auch vorkommen kann, dass man sich nach einer fulminanten Verpackung sehr viel mehr an Charakter versprochen hat.
Aber wie wir unserem Gegenüber ein ehrliches Kompliment machen sollten, wenn uns etwas an ihm/ihr gefällt, so möchte ich es auch nicht unerwähnt lassen, wenn mir die Erscheinung eines Buches im Zusammenspiel mit seinem Inhalt besonders gut gefallen hat.
So muss man einfach eingestehen, dass der Magellan Verlag, wie auch in diesem Fall wieder, ein spezielles Händchen dafür hat, das Auge auf ganz bodenständige Art und Weise mitessen zu lassen.
In Sachen „Sternschnuppenstunden“ jedenfalls liest man nicht nur das Tagebuch von eben jener Lara, sondern hält es optisch auch in den Händen- toll!

Besagtes Tagebuch hat Lara von ihrer Großmutter bekommen und wie das mit Tagebüchern eben so ist, am Anfang führt man sie eher widerwillig bzw. kommt sich ein wenig merkwürdig vor. Doch im Laufe der Zeit kann es zu einem wichtigen Begleiter werden.
Als Leser, der nun die intimsten Gedanken von Lara zu lesen bekommt, merkt man sehr schnell, mit was für einem besonderen Mädchen man es zutun hat. Sie ist unheimlich wortgewandt, intelligent und hat einen tollen Humor. Sie wäre jemand, der das Zeug zu einer allerbesten Freundin hätte. Sie ist ihrer Zeit eindeutig voraus, was vielen ihrer Mitschüler vermutlich bedrohlich erscheint. So wird Lara der Mittelpunkt einer üblen Mobbingodyssee und muss sich mit täglich mieser werdenden Attacken herumschlagen.
Niemandem außer ihrem neuen Tagebuch kann sie diese Vorkommnisse anvertrauen und so kann oder will auch niemand erkennen, was da mit ihr passiert. Manchmal gibt sie sich sogar selbst die Schuld an dem, was ihr angetan wird.
Das ändert sich, als Lara Ben Jagger kennen- und lieben lernt. Er ist älter und reifer und sieht all das in ihr, was ihre Mitschüler einfach nicht sehen mögen, weil sie noch viel zu sehr mit ihrem pubertären Kleinmädchengepupe beschäftigt sind. Er gibt Lara Halt und wird damit zu einem noch viel größerem Problen: Ben ist Laras Lehrer!

Sternschnuppenstunden ist ein wirklich tolles Buch für alle Mädchen ab 14 Jahren, die schon einmal das Gefühl hatten einfach nirgendwo hineinzupassen. Ich wage zu behaupten, dass das ganz vielen Leseratten mal so ergangen ist, vielleicht sogar allen Mädchen irgendwann einmal so geht.
Die Zeit, in der man selber sein eigenes Potenzial noch gar nicht richtig wahrnimmt oder zu schätzen weiß, schreit geradezu nach solchen Büchern. Denn sie sind die kleine helfende Hand, die jedes junge Mädchen manchmal gut gebrauchen kann. Der Wink, dass es sich zu warten lohnt, weil irgendwann irgendjemand kommt, der einem den Spiegel vorhält, in den man plötzlich ganz verändert schaut und sieht, wie viel man selbst wirklich zu bieten hat.
Im Nachhinein finde ich es wirklich ganz erstaunlich, dass mir diese Schülerinnen-Lehrer-Liebelei nicht als elementar oder störend im Gedächtnis geblieben ist, sondern eher die Selbstfindung, die Lara dadurch letztlich erfährt, eine entscheidende Rolle spielt.

Sprachlich trifft Rachel McIntyre, die selbst als Lehrerin in Nordengland arbeitet, den Nerv der Zielgruppe, ohne dabei ein „weniger gekonnt, als gewollt“- Gefühl zu erzeugen. Im Gegenteil das Ganze wirkt ziemlich authentisch, überzeugt durch Witz, Ironie und ganz viel Gefühl.

Unterm Strich ein sehr gelungenes Erstlingswerk von einer Lehrerin, die ihre Geschichten nutzt, um Jugendlichen den Halt zu geben, den sie vermeintlich nicht wollen, im Geheimen aber doch sehr brauchen.


(Das rezensierte Buch wurde mir in der Buchhandlung als kostenloses Leseexemplar durch den Magellan Verlag zur Verfügung gestellt. Meine Meinung ist davon unberührt.)

Titel: Sternschnuppenstunden
Autor: Rachel McIntyre
übersetzt von: Jessika Komina und Sandra Knuffinke
erschienen: 2015
Verlag: Magellan Verlag
aktuelle Ausgabe: leider ist das Buch schon restlos vergriffen
Seiten: 304

9 Gedanken zu “„Sternschnuppenstunden“ (R.McIntyre)

  1. Danke für diese Besprechung! Man spürt zwischen den Zeilen richtig, was für wunderbare Lesestunden du mit dem Buch hattest!
    Bei mir stehen die „Sternschnuppenstunden“ schon seit Monaten auf der Wunschliste, aber aus SUB-Gründen habe ich den Kauf bisher immer hinausgezögert. Dabei lese ich überall nur begeisterte Rezensionen und sollte mich dem Buch endlich einmal selber widmen…

    1. packingbooksfromboxes

      Danke für deinen lieben Kommentar 🙂 . Ich habe es auch erst gelesen, nachdem unsere Azubine und meine Kollegin es mir beherzt empfohlen hatten und ich es dann unter den Leseexemplaren im Laden entdeckte. Es ist vermutlich aber auch ein Buch, das man gut selbst im Regal stehen haben könnte.
      Wenn es dir in die Hände fällt und du zu lesen anfängst, dann wird es dich wahrscheinlich nicht „lange aufhalten“, denn aus der Hand legen wirst du es wohl nicht mehr 😉

  2. Eine sehr schöne Rezension, die schon allein sehr zum Nachdenken anregt.
    Vielleicht zieht das Buch auch irgendwann bei mir mal ein. Es sieht wirklich wunderschön aus.

    Deinen Hinweis mit der Bewertung von Büchern kann ich verstehen. Ich stehe auch ganz oft vor dem Problem, dass ein 5-Sterne-Buch nicht gleich ein 5-Sterne-Buch ist.

    Liebe Grüße

    1. packingbooksfromboxes

      Vielen, lieben Dank! Es lohnt sich wirklich das Buch zu lesen und schön anzusehen ist es allemal. Berichte gerne davon, wenn du es tatsächlich lesen solltest.
      Ich bin beruhigt, dass es dir mit der Bewertung genauso geht. Anfangs war ich da sehr enthusiastisch, aber irgendwann hatte ich das Gefühl, dass es in vielen Fällen nicht mehr hundertprozentig passte. Nun denn, nun also wieder ohne 😀 .
      Liebe Grüße zurück!

  3. Hallo Vanessa,
    Ich hatte das Buch heute Vormittag in der Hand. Nach deiner Rezension habe ich mir das Buch nun in der Bibliothek vorbestellt. Ich bin schon gespannt, ob mir das Buch genauso gut gefallen wird, wie Kirschen im Schnee (oj, man kann die Bücher nicht miteinander vergleichen).
    Liebe Grüße,
    Petra

    1. packingbooksfromboxes

      Hallo Petra,
      wünsche dir viel Freude mit dem Buch und bin gespannt, auf deine Meinung!
      Auch wenn die Bücher vom Magellan Verlag untereinander nicht vergleichbar sind, finde ich doch, dass die alle erfrischend individuell und „anders“ sind. „Kirschen in Schnee“ steht wiederum noch auf meiner Liste 😉 .
      Einen schönen Lesesonntag für dich!

  4. Pingback: [Die Sonntagsleserin] Januar 2016 | Phantásienreisen

  5. Heeey du! =)

    Was für eine schöne Besprechung des Buches! „Sternschnuppenstunden“ wurde mir tatsächlich erst vor Kurzem von einer Freundin empfohlen und nun treffe ich das Buch hier auf deinem Blog wieder. 🙂 Gleich doppelt Grund (kann man das so sagen? 😀 Wahrscheinlich nicht…) mir das mal anzuschauen!

    Liebe Grüße!

    1. packingbooksfromboxes

      Danke für deinen lieben Kommentar! Berichte mit gerne, wenn du das Buch tatsächlich lesen solltest – diesen Zufall würde ich jedenfalls nicht ignorieren 😉
      Ganz liebe Grüße zurück!

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